Vom Bauernhof zum Flugplatz

Gründer des Flugplatzes Tannheim ist Max Dolderer.

Guter Tradition folgend stand für Max Dolderer lange Zeit außer Frage, dass er den elterlichen Bauernhof weiterführen würde. Um die Landwirtschaft war es in den frühen 60er Jahren jedoch keineswegs gut bestellt. Während die Produktionskosten stetig nach oben kletterten, gab es auf dem Markt für landwirtschaftliche Produkte immer weniger Geld. 

So mancher Hof musste schließen. Andere Landwirte versuchten, ihre Betriebe im Nebenerwerb über Wasser zu halten. Der Not gehorchend begab sich auch Max Dolderer in jener Zeit auf die Suche nach zusätzlichen Einnahmequellen. Dabei bewies er guten Spürsinn. Er eröffnete mehrere Minigolfanlagen und verkaufte – auch dies mit Erfolg ‑ Kochtöpfe, Reinigungsmittel und anderes mehr.

Ende der Sechziger keimte in ihm die Idee, neben seinem Minigolfplatz in Tannheim einen Verkehrslandeplatz zu errichten. Das Gelände wurde bereits von der Segelfliegergruppe Tannheim als Segelflugplatz genutzt. Auch wenn sich die Umsetzung des Vorhabens als nicht ganz leicht erweisen sollte, Max Dolderer gab nicht auf. Nach und nach erwarb er durch Tausch und Kauf ein entsprechend großes Areal.    

Mit Begeisterung absolvierte der passionierte Bergsteiger und Skifahrer an der Flugschule Deutscher Alpenflug Ingrid Müller in Kempten die PPL-Ausbildung.

Einmal vom Flugvirus infiziert, entwickelte sich Fliegen schnell zu Max Dolderers großer Leidenschaft. Einmotorige, Zweimotorige bis hin zur King Air, der aktive Allgäuer lernte vielerlei Flugzeugtypen kennen.

Im Dezember 1971 konnte der Antrag auf Genehmigung eines Verkehrslandeplatzes gestellt werden. Das Regierungspräsidium Tübingen gab im Mai 1973 für den Bau und Betrieb des Flugplatzes grünes Licht. Die Zulassung erfolgte zunächst für Motorflugzeuge bis 1500 Kilogramm und Hubschrauber bis 6000 Kilogramm, außerdem für Motorsegler, Segelflugzeuge und die Do 27. Mit dem Bau des "Towers" war im Januar 1975 begonnen worden. Dieser wurde auch, ebenso wie das zur Bewirtung der Piloten wichtige Restaurant, unter Aufbietung sämtlicher familiiär einsetzbarer Arbeitskräfte (unser Opa Willi Schmidt, Schwiegervater vom Max, hat u.a. viele Stunden auf dem Gerüst verbracht) relativ schnell einsatzbereit - im Gegensatz zur Wohnung, die niedrigste Priorität hatte:-) die Familie Dolderer hat die ersten Jahre auf dem Flugplatz mit einem Teppich anstelle einer Haustüre und auf Matratzen im Wohnzimmer übernachtet weil die Schlafzimmer erst in Arbeit genommen werden konnten nachdem die betriebsnotwendigen Einrichtungen einsatzbereit waren - sehr zur Freude der vier Kinder die das ziemlich cool fanden:-)

Im Mai 1976 erhielt der Platz die Betriebserlaubnis. Kurz danach fanden bereits die ersten Fliegerlager statt. Sie sind bis heute Tradition. Gäste aus allen Teilen Deutschlands verbringen ihren Sommerurlaub in Tannheim und genießen dort das Fliegen über reizvoller Landschaft, romantische Abende am Grillfeuer und gemeinsame Ausflüge in eine abwechslungsreiche Umgebung. Das erste Tannheimer Fluglager kam aus Wustweiler, dann kamen die Münsteraner, Bremer, Hüttenbusch, Kerken, Bonn-Hangelar, Siegerland, Lima-Lehrgänge, Münchner Fliegerclub, Regensburger, Sindelfingen, Sonnen, Wels, Hohenems, Salzburg, Hofkirchen, Löchgauer Fliegerfreunde, Lelystaad, Staadskanal und viele mehr.
(Diese Liste wird vervollständigt sobald der Max Zeit hat seine Memoiren zu schreiben:-)

1978 wurde die 11. Oberschwäbische Segelflugmeisterschaft abgehalten. Seither ist Tannheim regelmäßig Austragungsort von Wettbewerben und Meisterschaften. Auch der renommierte Deutschlandflug machte hier schon zwei Mal Station.

Im April 1982 wurde die Betriebsgenehmigung auf Flugzeuge bis 2000 Kilogramm erweitert. Seit August 1982 darf Tannheim auch von Ultraleichtflugzeugen genutzt werden. Im März 1983 entstand hier die erste deutsche UL-Flugschule. Schnell entwickelte sich der Platz in der Folge zu einem Mekka für die stetig beliebter werdende neue Flugzeugklasse. Segelflieger und Motorseglerpiloten in spe dürfen seit Mai 1983 ausgebildet werden. Motorflugausbildung gibt es seit August 1986.

Unvergesslich für viele ist der Flugtag im September 1986 anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Verkehrslandeplatzes. Eine Viererformation F-104 Starfighter vom nahe gelegenen Jabo-Geschwader 34 Memmingen gab sich mit einem beeindruckenden Überflug die Ehre.

Im November 1988 gründete Verena Dolderer im Auftrag der Flugschule Tannheim  eine Außenstelle in Naples, an der Golfküste Floridas. Bis Frühjahr 1996 konnten zirka 45 Flugschüler und Piloten einen Teil ihres fliegerischen Programms im „Sunshine State“ absolvieren. Ab März 1989 gab es für einige Jahre eine Außenstelle in Saarlouis-Düren.

Mit Beginn der 90er Jahre erlebte die Ultraleichtfliegerei einen beachtenswerten Aufschwung. Sohn Matthias Dolderer gewann 1991 die Deutschen UL-Meisterschaften. Als Mitglied der deutschen Nationalmannschaft flog er mit seiner „Chinook“ unter anderem zu den Europameisterschaften nach Wales und Ungarn.          

2.500 Flugstunden hatte Max Dolderer geloggt, als ihn im Herbst 1992 ein Gehörsturz ereilte. In der Folge musste er die aktive Fliegerei aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Seinem Flugplatz ist Max Dolderer aber nach wie vor aufs Engste verbunden. Mit Sohn Matthias und Tochter Verena weiß er Tannheim seit 1993 in besten Händen.  

Beim Namen Tannheim denkt man sogleich auch an Tannkosh. Das Fly-in, inzwischen europaweit bekannt, hat vor 14 Jahren als gemütliches Treffen für UL-Piloten mit kaum mehr als zehn Fluggeräten begonnen. Gemeinsame Ausflüge im Verband und Lagerfeuer mit Musik standen auf dem Programm. Über die Jahre nahm die Teilnehmerzahl stetig zu. Nach und nach entwickelte sich durch die freiwilligen „fliegerischen Einlagen“ der Teilnehmer sogar ein kleines aber feines „Airshow-Programm „. Doch bis heute ist und bleibt es ein Fest von Piloten für Piloten.

Zum unverzichtbaren Inventar des „Tannheim Airfield“ zählt auch die „Flugplatz-Mama“ Helga Dolderer. Sie verwöhnt in der nicht nur von Piloten gerne besuchten Flugplatzgaststätte die Gäste mit schwäbischen Leckerbissen und umsorgt „ihre“ Jungs und Mädels (Flugschüler/-innen und Piloten) das ganze Jahr über. Gelegentlich adoptiert sie auch die jüngeren Flugschüler/-innen währen ihrer Ausbildungszeit (Familienanschluss).  Auch sie hat zumindest „reingeschnuppert“ in die Fliegerei, sie ist Firebird M 1 geflogen, und hat 1988 auf der Cessna 150 die Praxis-Ausbildung bis zum Solo absolviert.

Mit seiner Idee vom eigenen Flugplatz hatte Max Dolderer aufs richtige Pferd gesetzt. Von Anfang an und bis heute ist es ihm wichtig, den Piloten eine fliegerische Heimat zu geben. Einen Platz zum Wohlfühlen, mit freundlichem Service und familiärer Atmosphäre. Das ist ihm auch gelungen. Die Piloten vom ersten Fluglager 1976 kommen heute noch oft und gerne nach Tannheim.

Max Dolderer ist auch heute noch für die Piloten da, legt mit Hand an wenn ein Pilot Hilfe benötigt, hilft beim schrauben etc., bewirtet die Besucher, interessiert sich für die Freuden und Sorgen der Flieger, hält Landebahn und Gebäude in Schuss. Trotz seiner über 70 Jahre ist er noch immer rundum im Einsatz. Helga Dolderer ist ebenso täglich um das Wohl der Piloten und Flugschüler bemüht, sie steht dem Max und heute auch dem "Nachwuchs" seit vielen Jahren zur Seite, wird überhaupt nicht älter, feiert immer noch gerne mit ihren "Jungs und Mädels" und führt nach wie vor mit hohem persönlichem Einsatz die Flugplatz-Gaststätte.

Das „Unternehmen Tannheim“ verzeichnete über die Jahre ein beständiges Wachstum. Der Flugplatz wurde im Zuge der Flurbereinigung Mitte der 90er Jahre um über 300 m verlängert, die Flugschulen-Flotte wurde vergrößert. Tannheim ist Heimatflugplatz für 65 Flugzeuge. Für Taufen und Hochzeiten gibt es sogar eine von Piloten errichtete Flugplatzkapelle.

Bei allen Veränderungen, geblieben ist in Tannheim eines: Am Platz geht es - wie einst - ganz familiär zu. 

 

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